Donnerstag, Februar 19, 2009

Tag 3: Chicago

Nun. Ich gebe es ja zu. Manche Wünsche werden erhöht. 
Der Morgen. Aufwachen. Traum von einem verschneiten Chicago. Kopfdrehung nach rechts. Ein Blick aus dem Fenster reicht um sich umzudrehen um weiterzuschlafen. Regen in Chicago. Die Wolken hängen tief in den Wolkenkratzern. 
So tief, dass die Herrschaften im 90 Stock wohl allein aus diesem Anlass dieses Reinhard Mey Lied abspielen, sich vor ihre Webcam setzen, und ihr daraus entstandenes Youtubevideo an sämtliche Arbeitskollegen unterhalb verschicken müssen.
Alternativen werden durchgespielt. Shedd Aquarium, Field Museum oder halt, Moment, die Chicago Autoshow. Florian, zu dessen Familie nicht nur sogenannte Eltern und ein Hund, sondern auch drei Kraftfahrzeuge der Gattung Audi zählen , fällt die Entscheidung.

„Wenn du mit dem Bus zur Automesse fährst, würdest du dann auch mit dem Auto zur Busmesse fahren ?“ diese philosophische Frage oder dieser „blöde Witz“ (O-Ton Florian) wird mir auf dem Weg dorthin gestellt. Als ich ins Gespräch komme stellt sich heraus, dass mein Gegenüber wohl durchaus Ahnung von der Welt hat auch wenn er mich zunächst für einen Südafrikaner hält. Da ich mir weder Sklaven halte, noch Land besitze ist diese Unterstellung natürlich abwegig. Dann aber zeigt sich, dass der Gute anno 78 ein Jahr in Deutschland studiert hat. Philosophie, Humanismus. Und siehe da, er spricht fast akzentfrei deutsch und kann Goethe aus dem Stegreif zitieren. Wenn ich überlege wie sehr mir Schiller auf die Glocke(n) ging : beschämend. Selbst Augsburg ist ihm nicht unbekannt. Schon toll , wie klein die Welt ist. Da fliegt man 7.000 Kilometer weg und wird in einem Bus der Chicago Transit Authority auf die Fugger angesprochen, ein Name, der im Englischen auch gerne mal anders verstanden werden kann.

Die Überraschungen setzten sich fort als wir das Gelände der Autoshow betreten. Man mag ja als Deutscher viel klugscheißen über die ach so schlecht aufgestellte amerikanische Autoindustrie. Aber wenn man das gesehen hat, was wir heute gesehen haben, ist Hoffnung auf Besserung hier etwa genauso unangebracht wie Scooter im einem katholischen Jugendgottesdienst. 

Hersteller, die im Jahre 2009 ihren ersten Diesel einführen und „420 PS“ und „fuel efficiency“ in einem Atemzug nennen, sind es dann eben auch, die an einem Tag 47.000 Stellen streichen. Kein Wunder, dass die amerikanischen Besucher lieber dem Prius huldigten, in großen Massen den SMART umrundeten und sich fragten, wo dieses Gerät denn leistungsmäßig zwischen ihrem Rasenmäher und dem Golfcaddy einzuordnen sei.
Die Deutschen präsentierten sich sachlich und seriös und einmal mehr konnte man nur staunen wie der Volkswagen es in Amerika zu Symbol absoluter Hippness gebracht hat, während Modelle wie der unfassbar biedere Jetta in Deutschland erst garnicht mehr verkauft werden.

Die UBahn brachte uns wieder zum Flughafen. Wir haben dort unser Auto abgeholt. Man mag jetzt zurecht fragen ob es nicht leicht bescheuert ist, sich 1 Stunde durch Chicagos Vororte zu quälen um ein Auto abzuholen mit dem man später den ganzen Weg wieder retour fahren wird aber, nein, es hat sich gelohnt.
 Im Vergleich zum letzten Mal, als uns die afroamerikanischen Alamo Mitarbeiter wohl als Ausgleich für 300 Jahre Sklaverei pure Unfreundlichkeit und Inkompetenz servierten (Vielleicht seh ich ja wirklich aus wie ein Südafrikaner?) wurden wir diesmal sogar zügig und korrekt behandelt.
 Das Highlight bestand dann im Aussuchen der Karre aus einer sogenannten Choiceline. Insgesamt standen da 5 Midsize SUVs, die Entscheidung fiel auf einen Ford Escape. 
Der tatsächlich schon ganze 7 Meilen gefahren war und von Jonas erstmal einem Schnellkurs in Punkto Drehmomentsausreizung unterzogen wurde.

Das erste Ziel war natürlich wieder Guernee Mills, ein Outletcenter 60 Kilometer ausserhalb von Chicago, wir waren da auch schon auf unserem letzten Trip. Entsetzt musste ich feststellen , dass diese Mall, so groß sie auch sein mag, keinen Billabong Laden beherbergt. Um diese Enttäschung seelisch zu verarbeiten sah ich mich gezwungen mir erst einmal tonnenweise Tshirts und Chucks , sprich ,die ideale Ausrüstung für den kalten, schneereichen Winter zuzulegen. 

Und der kam schneller als erwartet. Wieder draußen, war die ganze Welt auf einmal weiß. Windgestöber, Schneefall und eine als Parkplatz getarnte Eisbahn ließen mich innerlich schon mal wieder Wham!s „Last Christmas“ anstimmen.  
Jonas hielt das Steuer aber trotz garstiger Bedingungen routiniert fest, was man von den zahlreichen Amerikanern die im Straßengraben kopfüber landeten nicht gerade behaupten kann. Wir kamen , sahen die Lücke, und parkten.

 Morgen, oder aus eurer Perspektive „heute“ beginnt unser eigentlicher Roadtrip . Unser Ziel heißt Detroit ,the Motor City , Motown. Vorher werden wir uns noch einmal gebührend von „Windy City“ verabschieden und ein paar Bilder vom verschneiten Chicago nachreichen, die heute aufgrund der fortgeschrittenen Zeit absolut nicht mehr drin waren. Bis dann!

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