Montag, September 29, 2008

Tag 13: Kingman - Las Vegas

Nach über 3000 km quer durch die USA ging es heute nach Las Vegas, unser letzter Stop vor LA, dem Ende unserer Reise. Auch heute haben wir den Tag mit einem reichhaltigem amerikanischem Frühstück begonnen, sprich es gab wässrigen Orangensaft, geschmackslosen Kaffee, Muffins und Toast mit „Marmelade“… Naja, besser wie nichts^^ Wie auch immer, bei recht frischen 30° ging‘s rauf auf die Oatman Road. Für die, die sich mit der Geschichte der Route 66 noch nicht auseinandergesetzt haben, sollte hier erwähnt werden, dass dieser Teil der Motherroad der schönste, bekannteste und wohl heißeste Abschnitt überhaupt ist. Waren die Temperaturen am Anfang ja noch durchaus angenehm warm, so änderten sich diese doch erheblich, als wir uns auf wunderschönen Serpentinen dem netten Dörfchen Oatman näherten. 97° Fahrenheit, also gute 36° Celsius zeigte mir der Bordcomputer an, da kam dann sogar die Klimaanlage ins Schwitzen. Hatten wir uns die letzten Tage immer wieder über die Eintönigkeit der amerikanischen Interstates unterhalten, so wurden wir heute endlich für unsere Geduld belohnt. Man hätte fast meinen können, man befinde sich in den spanischen Pyrenäen, ein kurvenreicher Pass mit einem Ausblick, der die vielen extrem hässlichen Käffer, die wir auf unserem Weg übernachtungstechnisch aufsuchen mussten, vergessen lässt. Nur die Harleys und die top hergerichteten Oldtimer erinnern einen dann doch wieder daran, dass man sich im Herzen der vereinigten Staaten befindet. Aja, nicht zu vergessen die „Vorsicht, 15mph“-Schilder, die den geneigten Rennfahrer vor jeder noch so harmlosen Kurve wieder auf den Boden der Tatsachen herunterholen. Toller Motor, tolles Wetter, tolle Straße, aber eine Automatik, die wohl eher zum Opel Admiral von Oppa passt. Sei‘s drum, Spaß hat’s trotzdem gemacht! Man kommt sich ein bisschen vor wie im alten Westen, wenn man an heruntergekommenen Goldminen vorbeikommt und am Wegrand eigentlich nur Kaktii und Steine sieht.

Dieser Eindruck hat sich aber erst so richtig manifestiert, als wir in Oatman eingetroffen sind. In diesem Dorf scheint die Zeit tatsächlich in irgendeiner Weise stehengeblieben zu sein. Hier laufen die Mulis auf der Straße frei herum und am frühen Nachmittag gibt es jeden Tag eine „wilde Schießerei“ auf offener Straße. Aber die findigen Geschäftsleute von Oatman haben sich noch mehr ausgedacht, um den Roadtripper (igitt) von heute zu begeistern, so kann der tierliebe Touri auch Karotten kaufen, um die herumstehenden Esel-Pferd-Kreuzungen zu füttern. Die Stadt besteht im Grunde eigentlich nur aus Souvenirgeschäften, einem Café und den Tieren. Trotz allem ein nettes Stück amerikanischer Kultur, viel gehalten hat uns trotzdem nicht und nach gefühlten 15 Minuten ging’s wieder zurück auf die Straße in Richtung Needles, dem heißesten Ort der USA. Was soll ich sagen, es war heiß…

Deswegen sind wir auch auf die Interstate und gar nicht erst in den Ort hinein, Hitze kann man eh schlecht anschaun, deswegen hat’s uns auch nicht weiter interessiert. Die Temperaturanzeige des Bordcomputers hat uns gereicht. 101° Fahrenheit, also gute 38° Celsius, danach hab ich aufgehört hinzuschaun, aber der Anblick der Zöllnerin bei der Einfahrt in den Bundesstaat Kalifornien, die mich freudig frägt ob ich den Obst, Fleisch, Pflanzen, Mexikaner oder Mulis dabei hätte, reicht völlig um sich darüber klar zu werden, hier ist es heiß und im Sommer wird’s noch heißer, na Mahlzeit…

Aber siehe da, die Temperaturen werden wieder angenehmer, kühle 91 Fahrenheit begleiten uns auf der Fahrt Richtung Las Vegas, zu früh gefreut, kaum erspähen wir den ersten Solarpark der Mojave-Wüste, schon klettern die Temperaturen wieder Richtung 100. Mein Vater hat mir gestern geschrieben, dass er schon heizen muss, da sag ich mal: ärgerlich^^ Zurück zur Fahrt, der letzte Berg ist erklommen und da liegt es vor uns, majestätisch erheben sich die Konsumtempel von Las Vegas bei flimmernder Hitze in den blauen Himmel. Es ist wirklich seltsam, kilometerweit nichts, aber auch gar nichts was der Erwähnung wert wäre und dann zack, wie aus dem nichts eine Oase der Gemütlichkeit, mit Wasser, Flughafen, großen geraden Straßen und 1€-Jobbern an Kreuzungen, die Schilder in der Hand halten, die uns verkünden, dass doch Schlussverkauf sei und wir quasi alles umsonst bekommen. Das ist Arbeitsbeschaffung par excellence.

Apropos Schlussverkauf, einkaufen waren wir natürlich auch gleich, aber dazu später mehr. Das Hotel ist schnell gefunden. Ein Klotz von einem Bau, bei dem allein das Atrium so groß ist wie unsere letzte Absteige… Etwas abseits der Innenstadt gelegen offenbart es uns aus dem 10ten Stock einen wunderschönen Ausblick auf das Parkhaus und die Lüftungsanlage des Hauses, aber sei’s drum morgen ziehen wir ja schon wieder um, stilgerecht ins New York New York mit Strip View. Trotzdem kann man sich eigentlich nicht beklagen, das Zimmer ist groß, sauber und hat einen mords großen Fernseher, der unseren Hauptblogger gleich mal namentlich begrüßt, sowas wünsch ich mir daheim auch! Auch ist das Waschbecken diesmal nicht outgesourced, sondern tatsächlich ins Bad integriert, die Türen fühlen sich wieder wie Türen und nicht wie Vorhänge an und auch die Adapterstecker fallen nicht mehr von allein aus den ausgeleierten Steckdosen.

Noch ein kurzer Satz hierzu, der Amerikaner kann viel, große Motoren bauen und ferngesteuerte Raketen zielgerecht abschießen, aber in zwei Bereichen hat er definitiv Nachholbedarf. Elektrik und Sanitär zählen nicht gerade zu seinen Stärken. Oder habt ihr in Deutschland schon jemals Angst davor gehabt einen Gerätestecker in die dafür vorgesehene Dose zu stecken oder die Spülung am Klo zu benutzen?! Ich glaube nicht! Hier fassen wir alles mit Samthandschuhen an, weil wer will schon einen Stromschlag bekommen oder den Hebel am Spülkasten abbrechen…

Nach einer halben Stunde freudiger Erregung haben wir uns dann auf den Weg in Richtung Outletcenter gemacht. Ja, sowas ham die hier auch, überhaupt hat eigentlich jede Stadt, die etwas auf sich hält, so ein Center. Ehrlich gesagt sind solche Center häufiger als normale Shoppingmalls, da sieht man dann erstmal wie groß eigentlich die Gewinnspanne bei Klamotten ist, herzliche Grüße an S.Oliver und Esprit an dieser Stelle. Sogar ich wurde diesmal fündig, drei t-shirts, eine Hose und ein ökologisches Parfüm (glaub mer des halt auch noch, aber zumindest riechts gut…), so lautet die Ausbeute des heutigen Tages. Kostenpunkt? Nicht einmal 65$, damit können ich und meine Kreditkarte leben.

Für unsern House DJ öffnen sich hier die Tore zum Shoppingparadies und es stimmt wirklich, Auswahl in Hülle und Fülle. Nur wieder das alte Problem, der Amerikaner hat wohl einen anderen Körperbau als wir. Klar gibt es auch S oder XS (neben XXL, XL, L und M versteht sich….) aber trotz allem schaut‘s scheiße aus, wenn das t-shirt so lang ist, dass man es getrost auch ohne Hose tragen kann. Nach einem kulinarischen Zwischenstop ging‘s wieder zurück zum Hotel und mit vollen Taschen einmal quer durchs Kasino. Ja wie Kasino werden sich jetzt vielleicht ein paar fragen. Tja, der Ami ist ja sehr geschäftstüchtig wie wir alles wissen und deswegen muss der werte Hotelgast erst einmal quer durch das ganze hauseigene Kasino um zum einen der 16 Aufzüge zu kommen. Man fühlt sich sofort an eine Supermarktkasse erinnert, an der müssen die Eltern mit ihren Kindern auch zuerst an den ganzen Versuchungen vorbei, bevor es ans Zahlen und die geruhsame Heimfahrt geht. Eins sei an dieser Stelle gesagt, entgegen aller Prognosen bin ich bisher standhaft geblieben und hab noch nicht gezockt. Noch bin ich auch frohen Mutes, dass die geplanten 50$ nicht überschritten werden… Mal schaun wie gut die hier beim Texas Hold’em sind...

Nun vergnügen wir uns mit den brandneuen Simpsons/American Dad/Family Guy Folgen und dann folgt eine hoffentlich geruhsame Nacht, was bei der flüsterleisen Klimaanlage und der bequemen Betten kein Problem sein sollte. Morgen mehr aus der Stadt der Glühbirnen und Springbrunnen!

Gruß, Jonas

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